Beschließt man nach Jahren wieder mit dem Motorradfahren zu beginnen, sollte man einige Dinge beachten.
Nein, liebe Leser unseres Blogs, Seat hat nicht vor, sich im Zweiradsegment zu betätigen – zumindest ist uns nichts bekannt. Die einzige Idee in dieser Richtung ist der elektrische Minimó, allerdings überwiegt selbst bei dem der Auto-Anteil.
Aber wir wissen von vielen Kunden, dass sie im Sommer selbst einen vollausgestatteten Ateca in der Garage stehen lassen würden, um sich aufs Motorrad zu schwingen. Doch gerade, weil sich Auto und Motorrad so sehr in ihrer Fahrweise unterscheiden, kann das für Personen, die nicht auf beidem Routine haben, schwerwiegende Folgen haben.
Unser folgender Ratgeber richtet sich an einen klassischen Personenkreis: Damals den Motorradführerschein zusammen mit dem fürs Auto gemacht, ihn vielleicht bei der Bundeswehr erworben.
Danach viele Jahre oder Jahrzehnte Bike-Abstinenz und nun die Lust, den Easy Rider neu zu entdecken. Bevor man dann am Gasgriff dreht, sollte man einiges tun.
1. Auf zum Doc
Heutige Motorräder sind nicht mehr die ungehobelten Raubeine, die sie einmal waren. Aber sie sind nach wie vor schwieriger sicher zu handhaben. Benötigen mehr Voraussicht, bessere Reflexe.
Hat man für sich die Entscheidung gefällt, wieder fahren zu wollen, sollte der nächste Griff der zum Telefon sein, um seinen Hausarzt zu kontaktieren. Auftrag: Ein Checkup, um herauszufinden, ob Muskeln, Augen, Ohren und Co. noch fit genug sind. Und ja, auch U50er sollten das tun, das ist nicht nur etwas für ältere Semester.
2. Trainieren, Üben, Wieder-Erlernen
Eine der gefährlichsten Analogien der Welt endet auf „… das ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht“. Besonders gefährlich ist es bei Motorrädern. Denn selbst ein schwach motorisiertes Bike hat ein gänzlich anderes Handling als jedes Auto:
- Wesentlich stärkere Beschleunigung
- Schärferes Abbremsen
- Gänzlich anderes Kurvenverhalten
- Zwei Bedienelemente für die Bremse
- Teilweise kein ABS
Völlig gleich, was für ein guter Motorradfahrer man früher war, all diese Tatsachen verlernt man zwar nicht, aber das Gehirn vergisst zu einem enormen Grad, wie dramatisch sie sich auswirken.
In diesem Sinne wäre es das Falscheste, sich Motorrad, Helm und Kombi zuzulegen und einfach loszufahren. Zumal auch noch ein umgekehrter Faktor hinzukommt: Je länger die Zweirad-Erfahrung zurückliegt, desto mehr Entwicklung hat man verschlafen. Die Maico, auf der man als Wehrdienstleistender in den 60ern unterwegs war, unterscheidet sich von einer modernen Kawasaki Z900 nicht weniger als sich ein heutiger Leon von seinem 70er-Jahre-Pendant 128 unterscheidet.
Soll bedeuten: Bevor man sich auf Tour begibt, sollte man sich das Fahren auf einem neuzeitlichen Motorrad erst mal unter fachkundiger Hilfe neu beibringen lassen.
- ADAC
- Berufsgenossenschaften
- BMW
- Honda
sowie einige weitere Hersteller sind Anlaufstationen für solche Trainings. Selten kosten sie hohe Gebühren, oft genug kann man mehrere Bikes ausprobieren. Immer jedoch bringen sie einem wieder bei, ein Motorrad zumindest halbwegs (wieder) so ohne Nachdenken fahren zu können, wie man es als routinierter Autofahrer seit geraumer Zeit vermag.
3. Ein für sich passendes Bike kaufen
Wenn der Mensch altert, ändert sich auch sein Körper. Statt eines harten, tiefen Cupra-Sportflitzers kauft man sich dann lieber etwas Höheres. Doch bei Motorrad-Wiedereinsteigern passiert häufig das Gegenteil.
Man hat nämlich nicht mitbekommen, wie das eigene „Motorrad-Ich“ alterte. Mit der Folge, dass viele dazu neigen, sich für den Wiedereinstieg einen Jugendtraum zu erfüllen bzw. dort wieder anzuknüpfen.
Das ist vielleicht nicht so sehr ein Problem, wenn es sich um einen behäbigen Chopper handelt oder einen gutmütigen Tourer. Wer allerdings als junger Mensch auf Supersport-Raketen stand und sich nun als End-Fünfziger auf eine Kawasaki ZZR 1400 oder ein anderes der 300-km/h-Geschosse schwingen will, die nach weniger als 20 Sekunden diese Höchstgeschwindigkeit erreichen, macht einen kapitalen Fehler.
Das Motorrad, das man jetzt kauft, sollte auch auf das jetzige Ich zugeschnitten sein – sowohl was Leistung, Größe, Fahrwerksgeometrie und Sitzposition anbelangt. Alles andere wäre ein nostalgischer Pfad, der mit Pech direkt auf die Unfallstation führt.
4. Vergleichen, vergleichen, vergleichen
Ein Motorrad ist im Vergleich zu einem Neuwagen eine eher günstige Anschaffung. Aber genau diese Tatsache sollte es auch notwendig machen, viel mehr zu vergleichen. Nicht nur zwischen den Herstellern, sondern auch innerhalb der Modellpaletten. Egal, wie gut sich Modell A vielleicht beim Probesitzen auch anfühlt und fährt, man sollte sich erst entscheiden, wenn man mindestens ein halbes Dutzend weitere Maschinen durchgetestet hat.
Ferner gehört es dazu auch, Motorradversicherungen online zu vergleichen. Auch hier sind die Angebots- und Kostenspannen nicht minder breit gesteckt als beim Auto – zumal man freilich auch hier einige Jahre lang den Anschluss verpasste. Und diese Vergleichs-Pflicht zieht sich bis hinein in Helme, Jacken, Hosen, Handschuhe. Überall sollte man den Eifer, den man mit der Entscheidung „zurück aufs Bike“ nun verspürt, nicht in Sorglosigkeit oder Hast enden lassen.
Man hat vielleicht Jahrzehnte kein Motorrad gesteuert. Da kommt es nun auf einige Wochen auch nicht mehr an.
5. Erst mal allein fahren
Motorradfahren ist etwas, das erst in der Gruppe so richtigen Spaß macht. Schön an einem sonnigen Sonntag durch reizvolle Landschaften gleiten, rasten, plauschen, perfekt.
Allerdings sollte man sich als Wiedereinsteiger davor hüten, sich direkt einer Gruppe anzuschließen. Ja, selbst wenn es sie im unmittelbaren eigenen Umfeld gibt und ihre Mitglieder einen noch so sehr locken.
Denn: Was man in den Fahrtrainings wiedererlernte, war nur die Basis. Was das Beherrschen eines Motorrades anbelangt, steht man anschließend nur unwesentlich weit oberhalb von jemandem, der gerade erst den Führerschein gemacht hat.
Und wir alle wissen, dass man keine 15 sein muss, um Gruppendruck zu erleben. Vielleicht fühlt man sich genötigt, das Tempo dieser Routiniers zu halten, obwohl es einem zu flott ist. Vielleicht sticht einen auch der Hafer und man will imponieren – alles also Dinge, die nichts mit fähigkeitsentsprechend sicherem Fahren zu tun haben.
Unsere Empfehlung lautet daher, die ersten 2000 Kilometer allein abzuspulen, in seinem Tempo aber immer mit mitgeführtem Handy und eingeschalteter GPS-Funktion. So hat man alle Sicherheit, aber ohne gesteigerte Risiken und kann wirklich zurückkehren.
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