Der Automarkt schläft nie. Ständig sind die Automobilhersteller und ihre Zulieferer auf der Suche nach der neuesten technischen Innovation und Trends.
Wie rasend schnell sich die Autos dabei entwickeln, zeigt der Blick auf eine Liste von Sonderausstattungen in den 70er Jahren:
Beim VW Golf I aus dem Jahre 1974 bestanden die Verkaufsargumente beispielsweise in der „leicht bedienbaren Klappeinrichtung der Fond-Sitzgarnitur“ und das „Schlechtwetterpaket bestehend aus zwei Halogen-Nebelscheinwerfern und eines stärkeren Drehstromgenerators“. Viele VW-Extras waren einzeln bestellbar, wie ein abschließbarer Tankverschluss oder die „superbreiten 70er Reifen, die den Golf noch sportlicher machten“. Dreipunktsicherheitsgurte vorne sowie Sicherheitsgurtschraubanschlüsse für alle Sitzplätze, ein Fond-Ascher, ein Tageskilometerzähler, eine Kühlwassertemperaturanzeige und ein Lenkrad mit kunststoffummanteltem Lenkradkranz waren weitere Luxuskomponenten des Golf I. Beschreibungen wie „damit Sie in ganz bequem beladen können- wenn es sein muss, bis unters Dach (für die vorschriftsmäßige „Rücksicht“ können Sie als Mehrausstattung einen Außenspiegel auf der Beifahrerseite erhalten)“, wirken heutzutage fast etwas befremdlich, in den Prospekten von 1974 völlig normal.
Der Mercedes Strich Acht der späten 60er und 70er Jahre hatte schon ein klein wenig mehr Ausstattungshighlights an Bord. So warb der Hersteller beispielsweise mit einer Mittelarmlehne an der Rücksitzbank, Gesamt- und Tages-Kilometerzähler, Kühlwassertemperaturanzeige und Öldruckmesser. Selbst eine Klimaanlage, ein elektrisches Schiebedach, Scheibenwischer in 3 Geschwindigkeitsstufen, ein optionales Automatikgetriebe und Bordwerkzeug konnte im Strich Acht bestellt werden.
Die Luxus-Ausstattung von gestern wurde zur Standard-Ausstattung von heute. Doch was waren die größten Innovationen der Automobilindustrie und seit wann gibt es sie?
Wir präsentieren die TOP 20 der technischen Automobil-Errungenschaften
1.Der Airbag
Ursprünglicher Erfinder des Airbags war Walter Linderer aus München. 1951 erhielt er das Patent über eine „Einrichtung zum Schutze von in Fahrzeugen befindlichen Personen gegen Verletzungen bei Zusammenstößen“. In den USA erhielt John W. Hetrick 1953 ein ähnliches Patent. Die Systeme waren jedoch noch wenig praktikabel und wurden stetig weiterentwickelt.
In den USA wird der Einbau von Front-Airbags für Fahrer und Beifahrer im Jahr 1997 gesetzliche Pflicht. Das erste deutsche Auto mit Airbag war ein Mercedes mit dem W126 (S-Klasse) 1981. Es folgten Mercedes W123 und anschließend viele weitere Hersteller. Zwar ist der Airbag in Deutschland bis heute immer noch keine gesetzliche Pflicht, jedoch wird er in nahezu jedem Auto serienmäßig verbaut.
2.Sitzheizung
Für viele Autofahrer ist sie vor allem in den Wintermonaten als angenehmer Gesäß- und Rückenwärmer nicht wegzudenken, andere halten die Sitzheizung noch heute für überflüssigen Schnickschnack. Tatsächlich ist sie aus der automobilen Welt nicht mehr wegzudenken, obwohl immer wieder Rückrufaktionen wegen schmorender Sitzheizungen stattfanden. Selbst dass sie sich Studien zufolge bei sehr langem Sitzen negativ auf die männliche Fruchtbarkeit auswirken sollte, konnte Ihren Siegeszug nicht aufhalten. In einem Serienfahrzeug wurde die Sitzheizung erstmals 1971 von Saab verbaut.
3.Zentralverriegelung
Eigenen Angaben zufolge ist das seit rund 150 Jahren bestehende Traditionsunternehmen Kiekert in der Nähe von Düsseldorf der Erfinder der Zentralverriegelung (ZV). Die Funktionsweise einer Zentralverriegelung ist simpel ausgedrückt das gleichzeitige Ver- und Entriegeln aller Türen und Klappen am Fahrzeug durch Betätigung eines einzelnen Schlosses. Bei den Zentralverriegelungen werden unterschiedliche Systeme verbaut. So waren die ersten ZVs meist pneumatisch, wurden jedoch recht schnell durch elektrische Funk-Fernsteuerungen am Schlüssel ersetzt. 1914 wurde die Zentralverriegelung erstmals von Scripps-Booth in seinen Luxuswagen eingesetzt.
4.Klimaanlage
Der amerikanische Ingenieur Willis Haviland Carrier gilt als Erfinder der Klimaanlage im Alter von nur 25 Jahren. 1939 wurde die Erfindung erstmals von Packard in einem Fahrzeug verbaut.
5.Elektrische Fensterheber
Die ersten mechanischen Kurbelfenster wurden bereits 1928 gefertigt, elektrische Fensterheber wurden in den USA 1941 eingeführt. In Europa dauerte es noch bis in die 50er Jahre, bis sie erstmals in einem BMW 503 verbaut wurden. Heute werden nur noch wenige Fahrzeuge ohne elektrische Fensterheber angeboten.
6.ABS
Das Antiblockiersystem findet seinen Ursprung in der Eisenbahnindustrie und hielt anschließend in der Luftfahrt Einzug. Bremskraftregler für Eisenbahnfahrzeuge wurden bereits 1903 entdeckt. Das System zur Blockierverhinderung kam erstmals bei Luftfahrt-Tests vom Hersteller Bendix zum Einsatz. Zweck der Testreihe war es, ein Flugzeug beim Bremsvorgang nach der Landung trotz hoher Geschwindigkeit in der Spur zu halten. Durch das ABS wird ein anhaltendes Blockieren der Räder verhindert. 1966 wurde das ABS erstmals in einem Jensen FF eingebaut, dieser wurde allerdings nur in geringen Stückzahlen gefertigt.
7.Xenon
Der Hersteller Philips entwickelte die erste Xenon D1-Lampe, Osram folgte kurz darauf. Verbaut wurde die Xenonleuchte erstmal in einem 7er BMW ab BJ. 1991. Es folgten Bi-Xenon Scheinwerfer, Xenon mit Kurvenlicht und mehr. Derzeit geht der Beleuchtungs-Trend in Richtung LED-Scheinwerfer, die den Xenon-Scheinwerfer über kurz oder lang ablösen könnten.
8.Tempomat
Geschwindigkeitsregelanlage GRA (z.B. SEAT), Tempostat (Porsche) oder Tempopilot lauten die gängigsten Namen des Tempomaten. Die Drehzahl des Motors wird automatisch so geregelt, dass eine bestimmte vom Fahrer vorgegebene Geschwindigkeit eingehalten wird. Erstmals eingesetzt wurde die Geschwindigkeitsregelanlage von Chrysler 1958, in Europa kam Mercedes-Benz 1962 die Vorreiterrolle zu.
9.Anhängerkupplung (AHK)
Die Kugelkopfkupplung revolutionierte den Transport. 1934 erlangte der Hersteller Westfalia das Patent über die Kugelkopfkupplung und ist bis heute noch weltweit dafür bekannt. Der Kugelkopf-Durchmesser von 50 mm ist noch heutiger Standard.
10.Sicherheitsgurt
Das erste Patent aus dem Jahr 1903 sollte für M.Gustave-Désiré Leveau ausgestellt worden sein. Noch im selben Jahr wurde der Fünfpunkt-Gurt von Louis Renault erfunden. 1959 ließ sich ein schwedischer Volvo Ingenieur den Dreipunktgurt patentieren und der Volvo 544 wurde der erste Wagen mit einem serienmäßig verbauten Dreipunkt-Gurt. Die Gurtpflicht aus dem Jahre 1976 stieß zu Anfangs auf großen Widerstand. Heute ist der Sicherheitsgurt aus dem Auto nicht wegzudenken. Sein Einsatz rettete tausende Leben.
11.Blinker
Der Blinker - in seinen Ursprüngen „Richtungsanzeiger“ genannt - wurde von einer Frau erfunden. Das bekannte und hübsche Hollywood Starlet Florence Lawrence tüftelte 1914 an einer Erfindung, wie dem nachfolgenden Verkehrsteilnehmern angezeigt werden kann, wann man bremsen und in welche Richtung man fahren möchte. Florence Lawrence erfand einen schwenkbaren Arm, der beim jeweiligen Richtungswechsel herausschwenkte. Über viele Jahre entstand hieraus der Blinker in der heutigen Form.
12.Kurvenlicht
Das Kurvenlicht feiert im kommenden Jahr bereits 100-jährigen Geburtstag. 1918 wurde es erstmals in einem Cadillac Type 57 verbaut. In Europa feierte es 1968 in einem Citroen DS Premiere. Gelenkt wurde das Kurvenlicht über einen Seilzug, der mit der Lenkung verbunden war. In den 60 Jahren wurde das schwenkbare Abblendlicht in Europa verboten und ist erst wieder seit 2002 zulässig. Seither nahm das Kurvenlicht seinen Siegeszug wieder auf.
13.Versteifte Fahrgastzelle
Patent EP 0608558 A2 beinhaltet eine weitere bahnbrechende Erfindung der automobilen Welt – „eine Fahrgastzelle mit einer im Bereich der Sitze angeordneten Querversteifung“. (vgl. https://google.com/patents/EP0608558A2?cl=de). Antragsteller war wieder einmal die Mercedes-Benz AG, Veröffentlicht wurde das Patent am 03.08.1994.
14. Einparkhilfe - Park Distance Control (auch ASP, Parktronic, ParkPilot, ...)
Bereits in den 50er Jahren wurde versucht, Fahrzeuge vor Unfällen und Schäden beim Rangieren und Parken durch aktive Systeme zu schützen. Aus diesem Grund wurden sog. Curb feeler (Bordsteinfühler) verbaut. Horizontal aus den Schwellern herausragende, bis zu 30 cm lange Stangen sollten durch ein Kratzgeräusch zum Besten geben, wenn der Fahrer dem Bordstein zu nahe kommt. Auch die Heckflosse des bekannten Heckflossen-Mercedes war nicht nur als Design-Highlight, sondern ebenfalls als Orientierungspunkt und Abstandsweiser gedacht.
Heutzutage sind diese sogenannten passiven Systeme nicht mehr denkbar und wurden durch aktive Systeme, die je nach Hersteller optisch, akustisch oder kombiniert warnen ersetzt. Die Systeme arbeiten mit Ultraschallsensoren und wurden erstmals 1982 in einem Toyota Corona in Japan verbaut. Auch Kamera-basierte Systeme sind äußerst beliebt. Die neueste Technik bieten selbstlenkende Systeme, bei denen der Parklenkassistent den Einparkvorgang eigenständig übernimmt.
15.Navigationsgerät
Die Wurzeln des Kfz-Navigationsgeräts liegen in der Luftfahrt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden Systeme entwickelt, um den Piloten die Orientierung zu erleichtern. Das erste Auto-Navi wurde von Honda 1981 verbaut. Jahr für Jahr kamen weitere Systeme hinzu, bis 1990 das erste eingebaute GPS-Navigationssystem in einem Mazda Eunos Cosmo eingesetzt wurde. Der erste europäische PKW mit Navigationsgerät ab Werk war ein BMW 7er 1994.
16.DSG
Die Erfindung des Doppelkupplungsgetriebes reicht weit in die Vergangenheit bis ins Jahr 1939 zurück, als der Franzose Adolphe Kégresse und ein Jahr später der Deutsche Rudolf Franke (prof.) die ersten Patente anmeldeten. Darauf tat sich lange Zeit nichts. Erst in den 80ern stellte Porsche sein Doppelkupplungsgetriebe vor, in Serie ging die Erfindung erst im Jahre 2003 durch den Hersteller VW. Schnell eroberte das DSG weite Teile der Autowelt.
17.Allradantrieb
Die Entdeckung des Allradantriebes reicht bis Anfang des 19. Jhd. zurück, als in England ein dampfgetriebenes Transportfuhrwerk mit Heckantrieb und optionalem Vorderachsantrieb entworfen wurde. Zugeschaltet wurde die Vorderachse über eine Kardanwelle. Weitere Meilensteine der Geschichte des Allrads waren ein 1895 entworfener Dampfwagen (Caffrey Steam), bei dem jedes Rad separat per Hebel angesteuert werden konnte, sowie das 1900 vorgestellte Lohner-Porsche Elektromobil. Es folgten diverse Allrad-Betriebene Fahrzeuge. Der Willys 1941, Jeep CJ-2A, Unimog 1945 oder der Jensen FF im Jahr 1966, waren einige der Bekanntesten. Nachdem Audi seinen quattro 1980 auf dem Genfer Auto-Salon als erstes Großserien-Straßenfahrzeug mit permanentem Allrad präsentierte, wurde die Marke für die Antriebsform legendär.
Der Allradantrieb ist aufgrund seiner erhöhten Traktion und Fahrsicherheit längst nicht nur bei SUV beliebt, sondern auch bei Sportwagen und Mittel- und Oberklassefahrzeugen.
18.ESP
Das erste Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) wurde 1995 vom Hersteller Bosch im Auftrag für einen Mercedes-Benz S600 gefertigt. Anton van Zanten und seine 35-köpfige Forschungsgruppe haben neben Airbag und Sicherheitsgurt eines der wichtigsten Unfallvermeidungssysteme der Automobilgeschichte entworfen, das seit seinem Einsatz etwa 8.500 Menschen das Leben gerettet hat. Das System ist so konzipiert, dass es mit gezielten Bremsen einzelner Räder ein Schleudern verhindert, sobald das Fahrzeug in eine andere Richtung fährt, als der Fahrer lenkt. Lenkwinkel, ABS-Drehzahl und Gierrate werden permanent gemessen.
Anton von Zanten wurde dafür 2016 mit dem Europäischen Erfinderpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Seinen Welterfolg und die rasche Serienproduktion hat das ESP einem PR-Fiasko bei Mercedes zu verdanken. Die A-Klasse kippte beim „Elchtest“ um, der Spott ging durch sämtliche Medien. Mercedes reagierte vorbildlich, stoppte die Produktion und rüstete serienmäßig mit ESP nach. Die drastisch sinkende Umfallquote sprach Bände und ESP wurde 2014 europaweit Pflicht.
19.Sicherheitsglas
Die Erfindung des Sicherheitsglases reicht bis 1903 zurück. Der französische Maler, Komponist und zugleich Chemiker Édouard Bénédictus entdeckte es durch Zufall, als er versehentlich einen Glaskolben vom Regal fallen ließ, der nicht zerbrach. Der Kolben enthielt zuvor flüssiges Zelluloid, welches verdunstete und anschließend einen dünnen Film hinterließ, der den Kolben zusammenhielt. Die Automobilindustrie zeigte sich lange Zeit aufgrund der hohen Kosten desinteressiert, zumal zu dieser Zeit die wenigsten Autos überhaupt geschlossen waren. Doch das änderte sich schnell. Bereits zehn Jahre später, 1929 waren bereits 90% der Autos mit Scheiben ausgestattet. Zudem reduzierte die industrielle Herstellung von Endlosglas Zeit und Kosten. 1927 wurde Kinon Sicherheitsglas erstmals von Ford und Horch eingesetzt. Im Jahr 1956 wurde das Sicherheitsglas zum festen Bestandteil der Straßenverkehrsordnung.
20.Scheibenwischer
Mary Anderson aus Alabama erhielt 1903 das Patent auf den Scheibenwischer, das Patent hatte eine Gültigkeit von 17 Jahren. Auch wurde Ihr Scheibenwischer noch per Hand betrieben. Das muss man sich heute erstmal vorstellen, bei Platzregen war das richtig Arbeit. 1926 wurde von Bosch der erste elektrisch betriebene Scheibenwischer vorgestellt - eine echte Erleichterung für Autofahrer.
Welche Innovationen gibt es sonst noch?
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Quellenangaben / Weiterführende Links
- http://www.autoprospekte-online.de/galerie/categories.php?cat_id=31
- https://mercedesclubs.de/prospekte/30-w114-w115-strich-acht
- https://worldwide.espacenet.com/publicationDetails/originalDocument?CC=FR&NR=331926A&KC=A&FT=D&date=19031008&DB=EPODOC&locale=de_EP
- http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/chinesen-kaufen-autozulieferer-kiekert-a-821164.html
- https://en.wikipedia.org/wiki/Power_door_locks
- http://www.classic-car.tv/news/100-jahre-jubilaum-der-blinker-stammt-aus-frauenhanden/
- http://www.bosch-presse.de/pressportal/de/de/bosch-ruhestaendler-anton-van-zanten-fuer-sein-lebenswerk-ausgezeichnet-44897.html
- http://der-mann-und-sein-auto.de/der-scheibenwischer-und-seine-bewegte-vergangenheit/
- https://de.wikipedia.org/wiki/Scheibenwischer
- http://www.wikipedia.com
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